Potentiale für nachhaltiges Design im ländlichen Raum
Flechten ist eine jahrtausendealte Kulturtechnik. Sie machte es möglich, mehr zu sammeln, als man in der Hand tragen konnte. Und Flechtwerk schützte. Als Transportschutz um zerbrechliche Gefäße aus Keramik und Glas – Flasche leitet sich vom althochdeutschen Wort flaska für »umflochtenes Gefäß« ab – oder als Wand, deren Etymologie auf das Winden von Weidenruten zum Ausfachen von Fachwerk verweist. Flechten im biologischen Sinne sind Lebensgemeinschaften aus Pilzen und Algen, die erst in der Symbiose ihre besonderen Eigenschaften und Wuchsformen herausbilden. Verflochten sind regionale Akteure in sichtbaren und unsichtbaren ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Beziehungen. Unsere Existenz als Spezies ist untrennbar verbunden mit der einer großen Zahl anderer Lebewesen.
Im greenlab 12.0 im Sommersemester 2023 wollen wir die verschiedenen Dimensionen des Flechtens, Flechtwerks und Verflechtungen untersuchen. Am Beispiel des Landstädtchens Baruth – ca. eine Stunde südöstlich von Berlin im Landkreis Teltow-Fläming – wollen uns mit lokalen Rohstoffen, handwerklichen Techniken, Verbindungen zwischen Organismen, ökonomischen und kulturellen Verflechtungen und ihrer Gestaltbarkeit beschäftigen.
Dabei geht es insbesondere um:
· Material im Kontext des Landstädtchens Baruth und des Glasmacherdorfs Klasdorf/Glashütte
· Materialströme in Baruth und Schnittstellen nach außen
· Infrastruktur und Netzwerke im ländlichen Raum
· Symbiotische Stoffwechselprozesse und ihre Potentiale für Design
· Arbeiten mit lebendigem Material (Holz, weitere pflanzliche Rohstoffe etc.)
· Handwerk als Kulturtechnik, Wissensform und Nachhaltigkeitsstrategie
Wir werden drei Exkursionen im SS23 durchführen, die für die Projektteilnehmer_innen verbindlich sind:
19.04.-20.04. – Klasdorf-Glashütte (Baruth)
02.05.-04.05. – Klasdorf-Glashütte (Baruth)
22.06. – Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Projektpartner: Museum Baruther Glashütte, Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Museum Europäischer Kulturen (Ausstellung: All Hands on Flechten)
Eingeladene Expert_innen:
Charlett Wenig / Materialforscherin, Workshop: Naturmaterialien verstehen und anwenden am Beispiel von Baumrinde – Materialforschung im Spannungsfeld Naturwissenschaft und Design (Deutschland)
Evey Kwong / futurprimitiv, Workshop: 50 Twines Experiment (Deutschland / Malaysia)
Malu Lücking / Designforscherin, Workshop: Material zur Fläche – Gestalten mit (Bio-)Materialien aus Baruth (Deutschland / Ungarn)
Jouw Wijnsma und Martin Kullik / Steinbeisser, Workshop: Ethical Sustainable Crafts (Niederlande)
Ella Einhell / Designerin und Materialforscherin (Deutschland)
Sofia Botvinnik / Kuratorin All Hands On Flechten, MEK (Deutschland)