Werfen wir mal einen Blick auf diesen Hocker. Irgendwie kommt er uns bekannt vor. Aber so haben wir ihn noch nicht gesehen. Ist es überhaupt ein richtiger Hocker? Oder nur ein lebensgroßes Modell? Ist er fertig oder noch im Entstehungsprozess? Wie viel Gewicht hält er aus? Wie fühlt es sich an, auf ihm zu sitzen? Hinterlässt er Spuren an der Kleidung oder verliert er an Substanz, wenn man ihn benutzt?
Natürlich handelt es sich um ein Experiment, doch ist bei ihm gar nicht ganz klar, auf was es sich genau bezieht. Auch das gehört zum Experiment. Der Ausgangspunkt ist einfach. Nur natürliche Materialien finden Verwendung, und die stammen – zumindest potentiell – aus der Lausitz. Die industrielle Entwicklung hat die Region einmal umgepflügt, und nun muss man sehen, wo man – wieder – anfängt. In diesem Hocker kommen modernes Denken und Verzicht auf künstliche Materialien zusammen. So steht er zumindest für eine gedankliche Zukunftsperspektive.
Aber das ist noch nicht alles. Genauso wie der Hocker das Design als Medium nutzt, um Fragen an Hightech-Kultur, Zukunftsmaterialien und regionale/globale Identitäten zu stellen, so nutzt er auch das Material, seine Unmittelbarkeit und die darüber transportierten Themen, um Fragen an das Design zu stellen. Was soll Design vermitteln? Wie kommen Natur und Kultur in ihm zusammen? Fast scheint es, als ob mit diesem Objekt Elemente in den häuslichen Bereich einziehen, die man sonst nur im Wald oder auf der Wiese findet. Hier gewinnen sie aber einen eigenen neuen Wert. Denn der Hocker wirkt zwar simpel und urtümlich, aber auch puristisch und edel.
Man muss natürlich verstehen, dass er nicht fertig ist, vielleicht sogar per Definition nie fertig wird. Nicht nur das Material unterliegt ständiger Veränderung und ist in seiner konkreten Form nie ganz festgelegt und kontrollierbar. Er ist aus Prinzip ein Prototyp, der sich in alle möglichen Erscheinungsformen verwandeln kann. Ein Experiment, das halb in der Wirklichkeit, halb im Kopf stattfindet. Der Hocker sieht aus wie Lowtech, beschäftigt sich mit Hightech (oder „Zukunft“) und ist tatsächlich Lowtech. Er bezieht sich auf kulturelle und ökologische Entwicklungsszenarien, bei denen Wissenschaft und Technologie nur ein Element sind, neben unserem Verhältnis zur Natur, neuen Formen des Handwerks und der Reflexion von Zusammenhängen mit den Mitteln der Gestaltung.
So wie der Bio-Hocker in seiner konkreten Präsenz die sinnliche Ebene des Denkens anspricht, so verknüpft er die Wahrnehmung auch wieder mit neuen Denkansätzen. Formal kontrolliert, aber in seiner Materialität und in den durch sie ausgelösten Assoziationsketten unkontrollierbar, ist er ein Objekt im Übergangszustand, ein Prozess.